Ankündigung der 23. Jahrestagung des Brackweder Arbeitskreises für Mittelalterforschung an der Humboldt-Universität zu Berlin, 18.–19. November 2016
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Menschliche Gruppen sind keine primordiale Entitäten, sondern vielmehr das Produkt beständiger Arbeit an der Synthese und Abgrenzung, Reproduktion und Durchsetzung dieser Gruppen. Daher sollten bei der Untersuchung kultureller Verflechtung nicht bloß deren Ergebnisse herausgestellt, sondern muss Verflechtung auch hinsichtlich der Bedingungen, Formen und Techniken der Gruppierung befragt werden. Gleichzeitig muss sich die Hypothese, eine bestimmte Unterscheidung und Gruppierung sei für die historischen Akteure in der Praxis relevant gewesen, anhand von konkreten Interaktionen prüfen lassen, in denen diese Differenzierungen befolgt, bekräftigt und möglicherweise benannt werden. Diese Interaktionen finden zwar nie ‚im luftleeren Raum‘ statt, sondern unter kontingenten politischen, sozialen, ökonomischen, sprachlichen Bedingungen; Gruppierungen sind aber eben gerade keine direkten oder a-sozialen Wirkungen solcher Bedingungen, sondern auf ihre aktive Vermittlung in konkreten Interaktionen angewiesen. Das erfordert zum einen, Akteure in ihren jeweiligen sozialen Positionen und mit den von ihnen geknüpften und aktualisierten Beziehungen und Bezugnahmen in den Blick zu nehmen. Zum anderen steht dahinter die Einsicht, dass menschliches Handeln immer an einem Ort stattfindet, auch wenn in ihm kulturelle Traditionen und soziales Kapital aufgerufen werden können, die räumlich distanter Herkunft sind: Globale Verflechtungen und Beziehungen werden lokal verhandelt (und erforscht): eine ‚glokale‘ Perspektive.
Die Tagung richtet sich insbesondere, aber nicht ausschließlich, an Nachwuchswissenschaftler_innen; sie ist fachöffentlich und bedarf keiner Einladung. Um rechtzeitige Anmeldung unter info@brackweder-ak.de wird jedoch aus organisatorischen Gründen gebeten – vielen Dank! Eine Anmeldung zum Newsletter des Arbeitskreises ist möglich unter newsletter.brackweder-ak.de.
Programm
Freitag, 18. November 2016
14.00 Uhr – Paul Predatsch und Philipp Winterhager (Berlin), Begrüßung und Einführung
14.30 Uhr – Christian Di Giusto (Zürich), Adel und Migration um 1300. Strategien in Familie und Verwandtschaft des waadtländer Adels
Kaffeepause
16.00 Uhr – Evamaria Freienhofer (Berlin), Zorn und Anerkennung. Aliscanz und Willehalm im Vergleich
17.00 Uhr – Theresa Jäckh (Heidelberg), Gruppierungen und Akteure des normannischen Palastes von Palermo
Gemeinsames Abendessen
Samstag, 19. November 2016
9.00 Uhr – Christian Scholl (Münster), Abschottung, Transfer oder Verflechtung? Kulturelle Kontakte zwischen „Romanen“ und „Barbaren“ im Zeitalter der Völkerwanderung
Kaffeepause
10.30 Uhr – Stephan Schiffels (Jena), Späte Eisenzeit und angelsächsische Migration in England: Eine genetische Perspektive
11.30 Uhr – Philipp Meller (Berlin), Forschen in Kontakträumen. Über eine glokal-soziale Verortung transkultureller Begegnungen im Frühmittelalter
Mittagsimbiss
13.30 Uhr – Markus Wingerath (Heidelberg / Duisburg), Juden in Worms am Ende des 13. und Anfang des 14. Jahrhunderts. Kammerknechte des Reichs, Bürger der Stadt
Kaffeepause
15.00 Uhr – Torben Gebhardt (Münster), Des Kaisers neue Kathedrale. Sakralbauten aus glokaler Perspektive am Beispiel von Wilhelms Winchester und Heinrichs Speyer
16.00 Uhr – Elisabeth Luy (Heidelberg), Interkulturelle Verhandlungen über die Restitution der Heiligen Stätten an die Franziskaner
Kaffeepause
17.30 Uhr – Zusammenfassung und Abschlussdiskussion